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Im Kirschblütenland

Im März und April weilten wir während dreier Wochen im Land der Kirschblüten.

 

Zum Reisebericht geht es hier.

 

Vor unserer Abreise haben wir uns den Japan Railpass besorgt - eine gute Investition!

Weisser-Reiher-Burg (Shirasagijō)

Wir schlängeln uns am Bahnhof von Kyoto durch die Menschenmenge, um den Zug via Osaka und Kobe nach Himeji zu erwischen. Das geht schon einfacher als am Bahnhof Bern morgens um acht, aber es ist auch nicht so, dass alle Verkehrsströme innerhalb des Bahnhofgebäudes perfekt reguliert sind.

In Himeji wollen wir die Burg aus dem 17. Jh. besichtigen, die seit 1993 zum UNESCO Weltkulturerbe gehört. Am selben Standort wurde bereits im 14. Jh. eine Burganlage errichtet. Erhalten sind neben den Wehranlagen die umfangreiche Erweiterung aus dem Beginn des 17. Jhs. mit dem fünfstöckigen Hauptgebäude. Schon vom Bahnhof aus ist die weisse Burg, die sich auf einer Erhebung befindet und zudem auf einer künstlichen Terrasse angelegt worden ist, in der Ferne zu erblicken. Auch aus der Nähe ist nicht sogleich ersichtlich, dass es sich hierbei um einen Holzbau handelt. Die Konstruktion ist echt beeindruckend! Der grosse Platz vor der Burg ist von Kirschbäumen gesäumt, leider sind wir – um diese in ihrer Blütenpracht sehen zu können – wohl rund eine Woche zu früh dran.

Auf dem Heimweg legen wir einen Zwischenstopp in Kobe ein.

Kobe

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Tempelstadt Nara

Mit dem Regionalzug gelangen wir in einer guten Stunde von Kyoto nach Nara, der Hauptstadt Japans im 8. Jh. Es hätte auch eine schnellere Verbindung gegeben, respektive hätten wir unterwegs in einen Schnellzug umsteigen müssen. Das realisieren wir aber erst, als der Zug auf dem anderen Perron gerade die Türen schliesst. Jänu, so bleibt mehr Zeit, um aus dem Fenster auf die unmittelbar neben dem Gleis stehenden Häuser zu schauen. Der Abschnitt zwischen Kyoto und Nara ist dicht besiedelt, es reiht sich zweistöckiges Einfamilienhaus an zweistöckiges Einfamilienhaus. Ab und an unterbrochen von höheren Bauten oder einigen Feldern. Neben wenigen Touristen sind auch Schulkinder in ihrer Schuluniform im Zug. Diese besteht aus Hosen mit Bügelfalte, Hemd mit Krawatte, Pullunder und Jackett. Einzig die Schuhe dürfen die Kinder offensichtlich selbst wählen. In Mode scheinen gerade Turnschuhe der Marke Nike zu sein. Die Buben unterhalten sich leise oder spielen mit ihrem Handy.

Auf dem Weg zum ersten Tempel laufen wir an einem Eulenkaffee vorbei. Zumindest lassen die Schilder vermuten, dass sich im ersten Stockwerk ein Kaffee befindet, wo man nicht nur Kaffee trinken, sondern eben auch Eulen bestaunen kann. Dafür sind wir aber nicht hier, wir gehen weiter. Am Abend auf dem Heimweg siegt die Neugier und ich gehe die Treppen rauf, um reinschauen zu können. Das Kaffee ist abends um sechs schon geschlossen. Jemand saust mit einem Staubsauger rum und daneben sitzt seelenruhig (so wirkte es wenigstens) ein riesiger Uhu! Der ist mindestens 50 cm gross. Ich bin schwer beeindruckt. Links und rechts von ihm sitzen zwei kleinere Uhus, in einer Ecke zwei Schleiereulen, sowie diverse kleinere Eulenarten. Ich bin fasziniert, kann mir aber nicht vorstellen, dass die Tiere es sonderlich toll finden, auf einer Stange zu sitzen, an einem Bein angekettet zu sein und von Touristen beäugt oder von einem Staubsauger umrundet zu werden.

Zurück zu den Tempeln: Die eindrücklichste Tempelanlage ist sicher der buddhistische Tempel Tōdai-ji, der die grösste Buddha Bronzestatute beherbergt. Wir haben auch den Shinto-Schrein Kasuga-Taisha besucht mit einer über 1000-jährigen Zeder und 1000 hängenden Laternen sowie über Tausend steinernen Laternen, die den Weg zum Tempel leuchten. Muss beeindruckend sein, wenn die alle den Wald erhellen. Von aussen haben wir die Kofuku-ji Tempelanlage mit fünfstöckiger Pagode von über 50 m Höhe bestaunt.

Damit wir nicht wie am Vortag in einem italienischen Restaurant landen, habe ich nach vegetarischen Optionen in Nara gegoogelt und ein Japanisches Curry Restaurant gefunden. Hat sich gelohnt, war sehr lecker!

Park der sechs Tugenden (Kenroku-en)

Auch hier sind wir für die Kirschblüten einige Tage zu früh dran. Dafür sind die Zwetschgen schon in voller Blüte – auch schön! Bevor wir zu einem der drei berühmten Gärten Japans gelangen, schlendern wir durch die Burganlage von Kanazawa. Die Burg erstrahlt wie jene in Himeji in Weiss, mehrere Anlagen aber sind komplett rekonstruiert. Sie fügen sich gut ins Gesamtbild ohne den Anschein zu erwecken, alt zu sein. Auch diese Wehranlage ist von einem Wassergraben umgeben und die leicht wirkenden Bauten erheben sich auf massiven Steinmauern. Dass die Bauten nicht ganz so luftig leicht sind, wie sie wirken, zeigt der Querschnitt einer rekonstruierten Mauer.

Wir sind nicht alleine unterwegs, die grösstenteils japanischen Touristen strömen in Scharen in den Park, der die sechs Prinzipien eines Landschaftsgartens vereinigt: Weitläufigkeit und Abgeschiedenheit, Kunstfertigkeit und Althergebrachtes, fliessendes Wasser und weiten Blick. Nach dem ausgiebigen Bestaunen und Durchwandern des Gartens schlendern wir zurück in Richtung Bahnhof und genehmigen uns ein feines Artischoken-Sandwich mit Salat und leckerer Kürbissuppe im zuvor ergoogelten Curio Espresso. Es lohnt sich, online nach vegetarischen Optionen Ausschau zu halten. 

Gold & Rot

Wir haben zwar bereits vier Nächte in Kyoto verbracht, aber ausser dem Bahnhof und unserer beengten Unterkunft noch nicht viel von der Stadt gesehen. Das holen wir heute an einem Sonntag während der Schulferien nach. Viele Leute hat es an diesem Wochenende wohl überall. Wir spazieren wieder an den Bahnhof, um mit einem Lokalzug in den Nordwesten der Stadt zu fahren. Von dort geht es mit einem Bus zum goldenen Tempel. Mir fällt die Orientierung eher schwer. Ich finde es immer noch gewöhnungsbedürftig, wenn kaum ein Plan genordet ist und drehe somit fast jeden Plan vor meinem geistigen Auge. Auch das Busfahren läuft hier anders. Es gibt keine Ticketautomaten. Man bezahlt beim Aussteigen den Einheitspreis und wirft dafür den abgezählten Betrag in ein Kässeli beim Fahrer. Eingestiegen wird durch die hintere Türe. Manche Busfahrer öffnen die hintere Tür erst, wenn alle ausgestiegen sind. Das vermindert ein Gedränge. Bei der Rückfahrt aber drängen schon einige Einheimische rein, bevor alle ausgestiegen sind. Das gibt es also nicht nur bei uns, sondern vereinzelt auch im top organisierten und disziplinierten Japan. Die japanische Disziplin wünscht man sich aber im Allgemeinen schon auch bei uns im ÖV.

Wir steigen mit der Menge aus und folgen dem Menschenstrom. Uniformierte Winke-Männchen stehen an der Strassenecke bereit und weisen den Weg. Ich bin gespannt auf den goldenen Tempel. Eigentlich mag ich Gold nicht sonderlich. Meist finde ich es zu glänzend und zu protzig. Der Rokuon-ji liegt inmitten eines Parks an einem See. Nach dem Durschreiten des Tores gelangen wir zum Schrein, wo es bereits eine lange Schlange hat. Fast jeder will eine Münze in die Schatulle werfen, einen Wunsch aussprechen und den Gong schlagen. Hier ist der Preis festgelegt. Ein Wunsch kostet 200 Yen. Wir überspringen diesen Programmpunkt und folgen im Gänsemarsch der Menge. Es ist geregelt, auf welcher Seite man in welche Richtung zu gehen hat und wo man zum Selfie schiessen stehen bleiben darf. Wer dem widerhandelt, wird von einem mit Trillerpfeife ausgestatteten Winke-Männchen auf Spur gebracht. Die meisten einheimischen Touristen schiessen ihre Erinnerungsbilder mit dem Handy. Diese Entwicklung wird Nikon und Co nicht freuen.

Das Sonnenlicht wird vom den goldenen Mauern reflektiert und verleiht dem Pavillon, der sich im See spiegelt, einen strahlenden Charakter. Nach dem Umschreiten des Pavillons gelangen wir zu den obligaten Touristenshops. Hier kann man sich mit Glücksbringern eindecken, die zu Glück in der Schule, im Strassenverkehr, bei Prüfungen oder in der Liebe verhelfen sollen. Da dieses Glück nicht ewig währt, muss es regelmässig erneuert werden. Und so fliesst auch hier das Geld. Vor dem letzten Häuschen sind die Schlangen ebenfalls lang. Da kann man sich für 300 Yen einen Eintrag in sein Tempel-Büchlein machen lassen. Mit Tusche werden das Datum, der Name des Tempels und ein Segensspruch reingepinselt und mit einem roten Stempel beglaubigt. Es sieht toll aus! Ich hätte am liebsten auch so ein Andenken und schaue eine Weile bewundernd zu. Da dies aber offensichtlich nur in die speziellen Büchlein gemacht wird, verzichte ich darauf. Ein Papier hätte man ja noch in ein Fotoalbum kleben können, ein weiteres Büchlein steht nur rum.

Weiter geht unsere Kyoto Sightseeing-Tour zum nächsten Highlight: dem 1000 Torii-Weg. Mit dem Zug gelangen wir in den Süden der Stadt. Auch hier kann man aufgrund des grossen Andrangs den Eingang nicht verfehlen. Der Pfad steigt leicht an, die Torii stehen dicht beieinander. Je weiter hoch wir kommen, desto weniger Leute hat es. Es erklimmen aber viele den Hügel bis zum höchsten Tempel. Sogar in Stöckelschuhen. Oben angekommen, schlagen wir einen kleinen Trampelpfad ein, der auf einer meiner Karten eingezeichnet ist. Und schon sind wir alleine. Der Pfad führt durch den Wald nach unten, wo vermehrt auch Bambus anzutreffen ist. Wir kommen an einem von Moos überwachsenen Schrein vorbei. Hier sprechen auch wir einen Wunsch aus. Ob der gespendete 50iger zur Erfüllung reicht, ist eine andere Frage. Immerhin haben wir das inzwischen so häufig gesehen, dass wir den Ablauf halbwegs kennen: Verneigen, Geld reinwerfen, Gong schlagen, Verneigen, zweimal in die Hände klatschen, Wunsch aussprechen, verneigen. Weiter geht’s hangabwärts. Wir laufen durch Wohngebiete in Richtung unserer Unterkunft. Unterwegs begegnen wir einer Gruppe Rentnern, die Kricket spielen und Jugendlichen auf einem Baseballfeld. Als wir die grosse Brücke überqueren sehen wir sie: eine lange Reihe in voller Blüte stehender Kirschbäume, endlich!

Wir essen eine Kleinigkeit im veganen Restaurant nur wenige Schritte von unserer Unterkunft entfernt und gehen zwei Stunden später auch zum Znacht dorthin. Die Portionen sind etwas klein, aber sehr, sehr fein.

Schnudernase

Eine Erkältung ist immer etwas nervig. Ständig benötigt man Taschentücher und ist auf der Suche nach einem Abfalleimer. Erkältet zu sein in einem Land, in dem man in der Öffentlichkeit weder niest noch sich die Nase putzt, ist mühsam. So ist der Gang in eine Apotheke unvermeidlich. Die Packungsbeilage zeigt Bildchen einer hustenden und verschnupften Person mit Halsschmerzen. So falsch kann es also nicht sein. Mehr verstehe ich allerdings nicht. Die Pillen sind in einer üblichen Kartonschachtel verpackt, zusätzlich sind die Blister eingeschweisst. Ziemlich vieles ist hier verpackt und in der Verpackung nochmals verpackt. Das Zeugs wirkt, ich nehme zwar nur eine an diesem Tag anstatt der vorgeschlagenen Dosis von dreimal zwei Tabletten täglich, aber schon die eine wirkt. Ich schlummere im Zug rasch ein und werde von Philipp bei bestem Blick auf den Fuji geweckt. Auf dem Hinweg haben wir den Riesen aufgrund des regnerischen und grauen Wetters nicht gesehen. Heute erstrahlt der Vulkan aber in seiner ganzen Pracht!

In Tokyo angekommen, steigen wir auf einen Regionalzug und später auf die Metro um. Wir sind zum Glück nicht zur rush hour unterwegs und finden so gut Platz in der Metro. In Fuchū angekommen, werden wir freundlicherweise von Christoph, Philipps Cousin, abgeholt und machen vor Sonnenuntergang einen Spaziergang durch die Kirschblütenstrasse zum Kirschblütenpark!

Kirschblütenpracht

Es gibt hier Jobs, deren Sinn sich uns nicht sogleich erschliesst. Im Stadtzentrum stehen an wenig befahrenen Strassenkreuzungen ohne Ampel Verkehrskadetten. Meist ältere Männer in Uniform mit Trillerpfeife. Auf der obligaten Jagd nach dem Kleinen Prinzen sind wir in einem grossen Buchladen im bis zum letzten Platz besetzten Lift auf einen besonderen (Studenten)job gestossen: Eine junge Frau hat angesagt, wo der Lift als nächstes halten wird. Wir haben angenommen, dass die ständig vor sich hin murmelnde in Uniform das tut. Einer weiteren interessanten Aufgabe sind wir heute Morgen begegnet. In der Bahnhofsstrasse von Fuchu darf man ab zehn Uhr morgens sein Rad abstellen. Das wird dann von einem älteren Herrn in einer grünen Warnweste, der etwa einen Abschnitt von 20 Metern betreut, gerade ausgerichtet. Wer vor zehn Uhr auf den Zug muss, darf sein Velo nicht in diesen Abschnitten parken und wird kurz vor zehn auch ermahnt, das erst ab zehn Uhr zu tun.

Die Grünanlagen in der Stadt, die in rosa, pinker und weisser Pracht erstrahlen, werden diese Tage von allen in Beschlag genommen. Es wird fotografiert, gepicknickt und flaniert. Das Bestaunen der Blütenpracht ist auch einer unserer heutigen Programmpunkte.

Am Abend fahren wir in Richtung Hafen, wo meine musikalische Weiterbildung stattfindet. Faszinierend, was für ein grosses und durchmischtes Publikum sich für eine deutsche Heavy Metal Band begeistern lässt. Es hat nicht nur schwarz gekleidete langhaarige Männer und dunkel geschminkte Frauen, sondern zahlreiche Leute in Business-Kleidung und viele Leute, die ich an einem solchen Konzert nie und nimmer erwartet hätte. 

Choreographie in Rosa

Wir sind zu früh dran und müssen etwas auf dem Perron warten, bis der Zug einfährt. Als sich die Türen öffnen und am Endbahnhof alle ausgestiegen sind, huschen Frauen in Pink mit grossen Taschen rein. Es wird geputzt! Zuerst werden die um 180° drehbaren Sitze in Fahrtrichtung ausgerichtet und die weissen Kopfschutz-Tücher entfernt. Dann werden Tische und Lehnen mit einem Tuch abgewischt und jeder (!) Sitz mit einem grossen Besen auf der Rücken- und Sitzfläche gereinigt, ein neues Kopfschutztuch festgemacht und abschliessend der Boden gewischt. Dann dürfen die Passagiere rein. Wir sind beeindruckt.

 

In Shin-Kobe müssen wir umsteigen. Nach etwa sechs Stunden Fahrt treffen wir in Hakata, dem Shinkasen-Bahnhof von Fukuoka ein. Weiter geht es mit der U-Bahn. Meine mit dem Bahnticket schon in der Schweiz gekaufte Suica Karte kommt wieder zum Einsatz. Blöderweise haben wir nur eine gekauft, da wir nicht kapiert hatten, dass man mit dieser Karte in vielen Städten den öffentlichen Nahverkehr nutzen kann ohne jedes Mal ein Ticket kaufen zu müssen. Das funktioniert an den Automaten auch ohne Japanisch-Kenntnisse zwar recht gut, aber man braucht halt immer Kleingeld und muss zuerst rausfinden wie hoch der Fahrpreis ist. Den Weg zu unserer via Airbnb gebuchten Unterkunft bei zwei jungen Franzosen, finden wir dank guter Beschreibung rasch. Erstmals bin ich in einem mit Tatami-Matten ausgestatten Zimmer. Bevor wir aber in unsere Futon-Betten kriechen, gehen wir Kirschblüten bestaunen. Zuerst in den kleinen Park nördlich unseres temporären Daheims, dann in den grossen Ohori Park. Wir kaufen uns einen auf dem Grill in Sojasauce marinierten Maiskolben bevor wir durch die Blütenpracht spazieren. Als die Dämmerung einsetzt, gehen wir weiter zum nächsten Park. Dort sind die Essensstände noch zahlreicher, die vegetarischen Optionen jedoch nicht. Unter den beleuchteten Bäumen sitzen trotz des Krachs der Generatoren viele Leute in kleinen und grösseren Gruppen auf Picknickdecken zusammen. Andere haben sich ruhigere Ecken im Park gesucht und sorgen selbst für Batterie betriebenes Licht. Überall dampft und raucht es. Von allen Seiten dringt Essensduft in unsere Nasen. Wir machen einen Abstecher zu den farbig beleuchteten Kirschblütenbäumen, die sich etwas oberhalb hinter dichtem Geäst vermuten lassen. Als wir den Eingang zum beleuchteten Paradies gefunden haben, verstehen wir allerdings nicht so ganz, was es heisst, dass 1 space 300 Yen kostet und 3 space 700 Yen. Wir stellen uns in die Schlange und bezahlen schliesslich 300 Yen für 1 spcae aber für zwei Personen und sind gespannt, was uns erwarten wird. Das Ticket wird uns beim Eingang abgenommen. Es handelt sich wohl um einmalige und dreimalige Eintritte. Oben erwarten uns neben einer Menschenschar grosse Kirschbäume in voller Blütenpracht, farbig beleuchtet und zu klassischer Musik inszeniert. Alles in allem etwas zu viel des Guten aber das Kirschblütendach erfüllt meine Erwartungen vollends. 

Hügel und Inseln

Wir haben gut geschlafen auf dem eher harten Futon. Es ist überraschend bequem! Vor dem Einsteigen in den Zug nach Nagasaki können wir wieder dem Putzspektakel beiwohnen. In Nagasaki angekommen reservieren wir gleich für die Rückfahrt. Mit dem Tram gelangen wir in den Norden der Stadt, besichtigen den Bodennullpunkt und informieren uns im Museum über den 9. Oktober 1945 und seine Folgen. Danach spazieren wir zum Seilbähnli, das uns auf den 333 Meter hohen Hügel bringt, der uns eine herrliche Sicht über die Stadt, die vielen Inseln und aufs Meer ermöglicht. Wir haben die Seilbahn für uns. Auf dem Rückweg gehen wir an der Talstation an einer langen Warteschlange vorbei – Glück gehabt! Auch auf dem Hügel hatte es kaum Leute. Wir mach einen Abstecher zur künstlich aufgeschütteten Insel Deijima, die vom 16. bis ins 18. Jh. das Tor der Welt zu Japan darstellte. Erst als es schon dunkel ist besteigen wir den Zug zurück nach Fukuoka.

Sakura

Heue sehe ich endlich nach gut zwei Jahren Mina wieder und lerne ihre Familie kennen. Mit einem Limousinen-Taxi werden wir abgeholt. Der Fahrer trägt nicht nur einen Anzug sondern auch weisse Handschuhe. Wir treffen uns beim Atago-Schrein, den Mina früher häufig mit ihrer Grossmutter besucht hat. Nachdem wir unsere Schuhe ausgezogen haben, werden in den Tempel eingelassen und von einem Mönch in einem grünen festlichen Kimono begrüsst. Er schlängt mehrfach eine grosse Trommel und spricht singend eine Segnung für Sakura aus. Steven muss nach vorne Treten und einen Zweig auf den Altar (?) legen. Mehrfach stehen wir auf und verneigen uns. Weiterhin fallen scheppern Münzen in die Holzschatulle hinter unsund das laute, blecherne Gebimmel der Glocke ertönt mehrfach.

Nach der Segnung geniessen wir kurz den Ausblick auf die Stadt und das Meer und gehen gemeinsam zum Tofu Restaurant, dass sich wenig unterhalb befindet. Dort ist für uns ein eigener Raum reserviert. Der Tisch ist niedrig, wir setzen uns auf den Boden, können unsere Beine aber baumeln lassen, da es unterhalb des Tisches eine Aussparung für die Beine hat. Sehr praktisch! Ich könnte nicht stundenlang auf meinen Füssen sitzen und der Schneidersitz ziemt sich für Frauen nicht. Es werden mehrere Gänge in kleinen Schalen serviert. Vor dem Dessert gibt es eingelegtes, saures Gemüse mit Reis. Ich war so sehr mit dem Kosten verschiedenster völlig fremder Gerichte beschäftigt, dass ich vergessen habe, von allen Gerichten ein Foto zu schiessen.

Nach dem Essen wartet schon wieder ein Taxi auf uns, das uns zur nächsten U-Bahn Haltestelle bringt, von wo wir zum Hauptbahnhof fahren und das Reisebüro mit Kimono-Verleih aufsuchen sowie die Tickets für unsere Weiterreise reservieren. Wir spazieren über die Insel Nakasu, die nicht nur als Rotlichtviertel, sondern auch für ihre rollenden Essensstände bekannt ist, heim. 

Sorgfältig verpackt

Heute steht der Anlass unserer weiten Reise auf dem Programm: das Hochzeitsfest! Da Philipp am Abend zuvor überraschend ins Bett ging, habe ich frühmorgens mit Stirnlampe die restlichen Geschenke verpackt. Ein nicht völlig geräuschfreier Vorgang. Er machte aber zumindest den Eindruck seelenruhig weiterzuschlafen.

Minas Coiffeur befindet sich in kurzer Gehdistanz. Also mache ich mich morgens um acht zu Fuss auf den Weg dorthin und stärke mich unterwegs mit einem Melonenbrötchen. Das sind rundliche, luftige Brötchen, deren Oberseite leicht süsslich nach Melonen schmecken. Minas Haare werden hochgesteckt und mit Blumen geschmückt. Währenddessen bekomme ich Fotos der dreijährigen Mina im Kimono zu sehen. Die Coiffeuse kannte schon Minas Mutter als Teenie und ist während des heutigen Tages die ständige Begleiterin. Sie frisiert nicht nur Mina, sondern hilft ihr und Steve auch beim Anziehen des festlichen Hochzeits-Kimonos. Ein Vorgang, den man nicht alleine bewerkstelligen kann. Der Kimono von Steven befindet sich in einer rund 30 x 40 cm x 10 cm grossen Schachtel, der von Mina in einem Koffer. Zuerst wird Steven eingewickelt und eingeschnürt, danach Mina. Es dauert über eine Stunde, bis alle Schichten, Schnüre und Bänder sitzen. Philipp kommt direkt zum Restaurant, wo das Festessen stattfindet. Er hat sich auch einen Kimono ausgeliehen, der ihm sehr gut steht. Er meint zwar, er sei so eingeschnürt, dass er nicht viel werde essen können. Allerdings trägt er nur zwei Schichten mit zwei Bändern um den Bauch, bei Steven und Mina ist es das Vielfache.

Wir erhalten eine Gästeliste und suchen unsere Namen darauf vergeblich. Wir brauchen Hilfe beim Entziffern der Zeichen. Nach den Dankesreden gibt es den ersten Gang von Dreizehn. Es reiht sich kulinarische Besonderheit an kulinarische Besonderheit. Jeder Gang ist eine Augenweide und schmeckt komplett unterschiedlich. Die Konsistenz ist vielfältig: von knackig zu fest und weich über elastisch bis hin zu glibberig und schleimig ist alles vertreten. Manches ist mit den Stäbchen eine Herausforderung für uns. Mit den schleimigen Algen, die man schlürfen dürfte, können wir uns nicht so richtig anfreunden. Regelmässig kommen die Gäste nach vorne, überreichen den beiden Geschenke und bestaunen Sakura. Um drei wartet das Taxi draussen auf uns. Mit einer grossen Tüte mit Geschenken verlassen wir das alte, schöne Holzhaus und fahren an den Bahnhof zurück, wo Philipp wieder in seine Klamotten schlüpfen kann.

Wir machen einen letzten Abstecher in den vollen Ohori Park. Überall sitzen Menschen in kleineren Gruppen beisammen, darüber kreisen die Raubvögel, die ebenfalls einen Happen erwischen wollen.

In der dampfenden Stadt

Wir fahren in den Osten von Kyushu, Beppu ist unser Ziel. Ursprünglich hat Philipp einen Weg durch die Berge vorbei am Vulkan Aso ersonnen. Dies liess sich leider nicht umsetzen, da seit 2015 die Bahnlinie wegen eines Erdbebens unterbrochen ist. In Beppu findet gerade ein Umzug statt. Alles, was irgendwie in einem Verein organisiert ist, zieht in festlichen Gewändern durch die Stadt. Wie ich dank WiFi am Bahnhof rausfinde, handelt es sich um den Umzug des jährlich Hattu Onsen Festivals: Mutter Natur wird während eines fünftägigen Festes für die reichen Gaben gedankt. Es laufen Missen in Abendkleidung, eine Blasmusik, die örtlichen Politiker, eine Gruppe Damen im Kimono und Vertreter der Onsen mit Schreinen auf den Schultern feierlich durch die Stadt. Aber auch eine Delegation des Militärs und die Töff- und Autoliebhaber sind beim Umzug vertreten. Diese lassen laut ihre Motoren aufheulen. So ein Lamborghini kann einen Krach veranstalten! Ich finde dieses Geräusch arg unangenehm und halte mir die Ohren zu. Es ist allgemein ungewohnt laut. Eine Stimme schallt durch den Lautsprecher und die jungen Herren mit den Schreinen auf den Schultern schreien auch laut umher. Als das Spektakel vorbei ist, besteigen wir den Bus und fahren in den Bezirk der Jigokus, wo wir ein traditionelles Hotel gebucht haben.

 

 

Obwohl wir mit den Besitzern keine gemeinsame Sprache teilen, klappt dank der top Organisation alles bestens. Wir werden herzlich begrüsst und mit einer A3 grossen Falttafel mit Zeichnungen und chinesischer, koreanischer, englischer und thailändischer Übersetzung informiert, wo die hauseigenen Onsen (heissen Bäder) sind, wann diese geöffnet haben usw. Ebenfalls werden wir gefragt, wann unser Bett gemacht werden soll. Um sieben kommen zwei Herren ins Zimmer, nehmen den Futon aus dem Schrank und rollen ihn auf dem Boden aus. Die Matratze wird in ein Leintuch eingepackt, ebenso die Decke und das raschelnde mit Reisstroh gefüllte Kopfkissen und schon ist das Wohn- in ein Schlafzimmer umgewandelt. Praktisch!

Die acht Höllen in Beppu

In Beppu soll es über 3000 heisse Quellen und rund 300 öffentliche Bäder geben, daneben diverse private. Auch unser Hotel hat mehrere Onsen: eines für Männer und Frauen getrennt drinnen und ein Familien-Onsen draussen. In dieser Stadt mit rund 130000 Einwohnern und jährlich 12 Mio. Touristen dampft es aus allen Löchern. Wir wollen uns heute die acht Jigokus anschauen. Das sind ebenfalls heisse Quellen, die aber zu heiss sind, um nur schon den Zeh reinzuhalten. Zwei dieser Jigokus befinden sich etwas unterhalb unserer Unterkunft. Ein Bus führt hin. Wir wollen zu Fuss die gut zwei Kilometer zurücklegen. Das machen wir im Gänsemarsch. Ein Trottoir gibt es auf der Strecke nicht. Uns bleibt der etwa 50 cm breite Strassengraben. Den letzten Abschnitt können wir in einem Wohnquartier zurücklegen. Das ist nett. Mit Blick aufs Meer geht es an blühenden Kamelien-, Magnolien- und Kirschbäumen vorbei. Für 2000 Yen kaufen wir uns ein Eintrittsbüchlein für alle acht Jigkous. Das erste, Tatsuakai Jigoku, ist ein Geysir, der alle 45 Minuten zu bestaunen ist. Wir haben Glück und müssen nur etwas warten und schon schnellt das heisse Wasser in die Höhe und das erstaunlich lange. Der Geysir soll etwa 30 m hoch spritzen, wird aber durch eine Steinplatte gebremst. Wir gehen weiter zum nächsten Highlight: ein rotbrauner, brodelnder See, das Chinoike Jigoku. Zurück besteigen wir ebenfalls den Bus. Als nächstes gibt es ein türkis-blaues Becken zu bestaunen, darüber tritt heisser Dampf aus. Im Shiraike Jigoku hat es ebenfalls noch mehrere winzige Aquarien mit Piranhas und anderen Fischen. Auch das Oniyama Jigoku zeigt, dass artengerechte Tierhaltung hier noch nicht angekommen ist. In trostlosen Käfigen werden Krokodile gehalten. In einem Becken sind rund 30 Tiere zusammengepfercht. Mehrere Tiere haben Geschwüre am Mund, kein schöner Anblick. Ich will mir das nicht lange ansehen und gehe weiter zum Kamado Jigoku. Dieses Jigoku wollten wir ursprünglich überspringen, aber hier gibt es eigentlich alles im Kleinformat zu bewundern: aus einem Becken steigt heisser Dampf auf, der einst zum Kochen verwendet wurde. Ebenfalls blubbert mancherorts Schlamm vor sich hin. Es gibt ein kleines türkisblaues Becken und ein rotbraunes Becken. Wieso diese Erdsäfte an einem Ort sich hellblau ablagern und wenige Meter daneben rotbraun, erschliesst sich uns sich und wird leider auch nirgends erklärt. Und wenn dann nicht in Englischer Sprache. Es hat aber in jedem Jigkou kleinere und grössere Shops, wo man alles, was das Touristenherz begehrt (ausser Infobroschüren auf Englisch) kaufen kann. Im Unterschied zu daheim, wo diese Shops primär von ausländischen Touristen in Beschlag genommen werden, kaufen hier die Einheimischen kräftig ein. Das Umi Jigouku ist von einem schönen, kleineren Park umgeben. Im Oniishibozu Jigoku mit dem blubbernden Schlamm, genehmigen wir uns noch ein Fussbad. Ich brauche etwas, bis ich mich an die Hitze gewöhnt habe und meine Füsse ganz hineinstellen kann.

Philipp erklimmt den Mount Ogi, der vor wenigen Tagen feierlich gebrannt hat. Ich gehe zurück in unser schönes Zimmer und setze mich ans Notebook. Abends wollen wir das Onsen ausprobieren. Wir schnappen uns das «Besetzt-Schild» an der Rezeption, schlüpfen in die nicht sonderlich bequemen Holz-Flipflops und schlurfen zum Aussenbad. Erst seifen wir uns ein und schrubben uns kräftig ab. Erst wenn man sauber ist, darf man sich ins Bad setzen. Das macht Sinn, sich nicht in den eigenen Dreck zu sehen, wie wir das daheim in der Badewanne machen. Ich strecke erst meinen grossen Zeh rein, den ich rasch wieder ausziehe. Viel zu heiss! Ich versuche es mit der Ferse. Das geht nach einer Weile, dann schaffe ich es, einen Fuss auf die erste Stufe zu setzen, wenig später den zweiten. So verweile ich etwas und versuche, mich an die Hitze zu gewöhnen. Das klappt bestens. Man gewöhnt sich wirklich an alles. Kurz darauf schaut nur noch mein Kopf raus.

Nach dem Bade-Abenteuer sind wir hungrig. Die Bildchen und Plastikgerichte bei den Restaurants in der unmittelbaren Umgebung offenbaren keine vegetarischen Optionen. Wir machen uns auf zum Café Domino. Ein geöffnet-Schild hängt an der Tür. Wir treten ein, niemand da. Kein Gast und auch die Küche ist leer, allerdings rumort es im Hintergrund. Eine Frau kommt um die Ecke und fragt wohl, ob wir japanisch sprechen. Wir schütteln betrübt den Kopf. Daraufhin fragt sie auf Englisch: Are you vegetarian? Unsere Augen leuchten auf und wir bejahen. Sie jedoch schüttelt den Kopf und macht eine abwehrende Bewegung mit den Händen. Also scheint es hier nichts für uns zu geben. Wir enden im Seven-Eleven, wo wir uns mit Salat und Spaghetti mit Tomatensauce, die sich als Tomatensauce ohne Spaghetti raustellen, eindecken. So gibt es halt Salat mit Tomatensuppe.

Viele bunte Lichter

Mit dem Bus geht es wieder an den Bahnhof. Hier gibt es keinen einheitlichen Fahrpreis. Dieser unterscheidet sich je nach Fahrtdauer. Auf der Anzeigetafel vorne beim Fahrer sind die Nummern 1 bis 40 aufgelistet, darunter erscheint wechselnd eine Digitalanzeige mit dem Fahrpreis. Beim Einsteigen zieht man sich einen Papierstreifen mit der aufgedruckten Stationsnummer aus dem Automaten und zahlt beim Aussteigen den Preis, der vorne unterhalb dieser Nummer angezeigt wird.

Mit Umsteigen in Kokura erreichen wir in knapp vier Stunden Fahrt Shin-Ōsaka. Erstmals stempelt der Schaffner unsere Reservation. Bis anhin schritt der Schaffner nach jeder Haltestelle durch den Wagen und kontrollierte ob auf den reservierten Plätzen jemand sitzt. Den Fahrschein muss man beim Betreten und Verlassen des Bahnhofs vorweisen. Mit der U-Bahn gelangen wir zu unserer Unterkunft. Das Dreibett-Zimmer ist recht günstig, hat dennoch eine angenehme Grösse. Im Erdgeschoss gibt es ein japanisches Gemeinschaftsbad und auf jedem Stock Toiletten. Abends will ich eigentlich nur schnell unter die Dusche hüpfen, setze mich aber doch noch einige Minuten ins heisse Becken. Ich habe Gefallen am Japanischen Bad gefunden!

Der Bahnhof, von wo morgen unser Zug nach Yoshino fährt, ist in der Nähe. Die Zugreservation haben wir bereits online getätigt, nun brauchen wir noch ein Ticket, da unser Railpass auf jener Strecke nicht gültig ist. Wir gehen an den Schalter, der Mann ist überaus freundlich, meint aber wir brauchen einen Dolmetscher. Also rennt er nach draussen, um wenig später mit einer Frau vom Tourismusbüro zurückzukommen. Es wäre bestimmt auch ohne Hilfe gegangen. Wir kaufen die Tickets für die Hin- und Rückreise und spazieren danach zum buddhistischen Shitennō-ji Tempel, den wir auf der Karte entdeckt haben. Die Tore sind um fünf Uhr bereits geschlossen, aber es gibt auch von aussen vieles zu bestaunen. Wir spazieren weiter zum Tsutenkaku Turm, der offensichtlich im Vergnügungsviertel errichtet worden ist. Überall bunte Lichter, Restaurants, Spielhallen und Geschäfte mit Krimskrams. Wir gehen in ein Restaurant, das auf der Speisekarte eine separate Spalte für Gemüse hat. Wir verzichten auf die in Zwetschgen eingelegten Quallen und bestellen neben Pommes Cherry-Tomaten, Avocado, Zwiebeln, Käse und Reis und realisieren nach dem Bestellen, dass wohl alles in frittierter Form auf den Tisch kommen wird. So ist es auch: auf Holzstäbli aufgespiesstes, frittiertes Gemüse.

30'000 Kirschbäume

Heute fahren wir in die Berge, um 30'000 Kirschbäume mit wahrscheinlich 30'000 anderen Menschen zu bestaunen. Der Mount Yoshino ist seit dem 8. Jh. für seine Kirschbäume bekannt. Wie wir vor Ort feststellen dürfen, werden inzwischen systematisch grosse Waldflächen gerodet, um neue Kirschbäume anzupflanzen. Der Anblick der kahlen, braunen Hänge mit den übrig gebliebenen Baumstümpfen ist befremdlich. In der Hoffnung vor dem grossen Ansturm vor Ort sein zu können, besteigen wir bereits um sieben Uhr morgens den Zug in Ōsaka. Die Bahnstation von Yoshino liegt auf rund 350 m ü. M. Der höchste Punkt, den wir heute erreichen wollen ist rund 500 Höhenmeter höher. Somit wirbeln in den tieferen Höhenlagen Kirschblütenblätter herum wie Schnee, während oben noch nicht alle Bäume in voller Blüte stehen.

Bereits im Zug werden wir informiert, dass die Gondelbahn, mit welcher man die ersten knapp 100 Höhenmeter bezwingen kann, nicht in Betrieb ist. Es gibt stattdessen aber einen Bus. Die langen Schlangen vor der Busstation bekräftigen unsere Hoffnung, dass die meisten lieber mit dem Bus fahren, als zu Fuss in die Höhe zu gelangen. So kommen wir rasch voran und erreichen die erste Höhenstufe, wo sich Touristenshop an Touristenshop reiht. Es sind noch nicht alle für Kundschaft bereit. Entlang der Strasse reihen sich auch zahlreiche Schreine und einige Tempelanlagen. All dies ist von einer rosa-weissen Blütenpracht umhüllt. Beim grossen Tempel Kimpunsen-ji machen wir einen kurzen Fotostop, gehen aber kurzum weiter. Wir wollen in die Höhe. Die Strasse wird schmaler, es muss auf einen Minibus umgestiegen werden. Auch hier sind die Warteschlangen schon lang. Wir spazieren weiter bergauf, müssen aber ständig entgegenkommenden Autos Platz machen. Davon haben wir gelesen: das nervigste sind die Autos. Weiter oben gelangen wir zu den bekannten Aussichtspunkten, wo man fast die ganze Krete mit den Tempeln, Häusern und Kirschbäumen überblicken kann. Die Endstation des Minibusses liegt beim obersten Tempel. Danach hat es nur noch wenige Leute und endlich auch keine Autos mehr. Nun sind fast nur noch die top ausgerüsteten mit Wanderschuhen, Stöcken, Bärenglöckchen und Gamaschen unterwegs. Wir fallen mit unseren Turnschuhen etwas aus dem Rahmen, umrunden den Berg auf gut ausgebauten Wegen und steigen auf den höchsten Punkt. Von hier aus führt der Wanderweg auf 25 km bis zum Berg Sanjōga-take und in den Südosten zu weiteren UNESCO-Tempeln. Vielerorts ist der Wald uniform. Japanische Zypressen stehen dicht beieinander und lassen nur wenig Licht bis auf den Boden dringen. Fast alle Bäume sind gleich hoch und gleich dick. Kurz nach Mittag machen wir uns auf den Rückweg. Inzwischen sind die Massen im Aufstieg und viele PWs auf dem Rückweg. Ständig müssen wir Autos ausweichen, je weiter wir nach unten kommen, desto mehr Leute hat es. Wir sind froh, früh angekommen zu sein und nicht mit dem Pulk nach oben watscheln zu müssen. Mit dem Zug geht es in einer guten Stunde zurück nach Ōsaka. HappyCow.com führt uns zu einem Inder, wo wir fein Znacht Essen und uns dank der Englisch-Kenntnisse des Gastgebers auch problemlos verständigen können. 

Pünktlichkeit

Heute benehmen wir uns wie die Japaner in der RhB: knipsend von einem Zugfenster auf die andere Seite wechselnd. Da wir die Strecke Ōsaka-Tokyo inzwischen dreimal gefahren sind, machen wir einen Umweg und fahren erst nach Nagoya. Von dort geht es weiter mit der Takayama-Linie durch ein schönes Tal nach Toyama. Abschliessend geht es im Shinkansen via Nagano nach Tokyo. Erstmals hat unser Zug Verspätung. Bisher war immer alles on time. Das ist nicht weiter verwunderlich wie ein Blick auf die Statistik zeigt. Der Shinkansen hat im Schnitt eine Verspätung von 54 Sekunden! Die Schnellzüge sind also nicht nur sauber, sondern auch pünktlich! Bei der Kontrolle erkundigt sich der Schaffner, ob wir einen Anschlusszug in Toyama erwischen müssen. Es heisst: kein Problem, schaffen wir trotz 20-minütiger Verspätung (und 19 Minuten Zeit zum Umsteigen), der Shinkansen wird warten. Da die Shinkansen ihre eigene Fahrbahn haben – einer der Gründe für ihre Pünktlichkeit – liegt der Shinkansen-Bahnhof meist über der Regionalbahn. Die Wege sind zwar gut ausgeschildert, aber beim Aussteigen stehen schon bei jedem Abgang Leute bereit, die uns den direkten Weg zum Zug weisen. Bei diesem Service verblasst die SBB. Bahnfahren ist hier einfach top organsiert. Natürlich ist es auch so, dass die Bahnfahrer disziplinierter sind, als das bei uns. Es wird einem aber auch leichtgemacht. Bei jedem Zug ist markiert, wo man sich hinstellen muss. Auch die Richtung der Schlange ist eingezeichnet. Durchsagen wie «der Zug verkehrt in umgekehrter Wagenreihung» oder man stellt sich gemäss Anzeige bei der zweiten Klasse hin, steht dann aber vor lauter erste Klasse Wagen, wenn der Zug zum Stillstand kommt. Das gibt es hier nicht. Jeder Wagen kommt am Eingezeichneten Standort zum Stillstand. Es gibt so was wie unsere erste Klasse. Das nennt sich Green Car. Davon gibt es jeweils nur einen Wagen. 

Hopp Neun!

Heute wird gewettet! Christoph nimmt uns mit zur Pferderennbahn. Das Rennen findet zwar auf der anderen Seite Tokios statt, dennoch hat es überraschend viel Publikum. Dieses ist primär männlich und meist älteren Jahrgangs. Ich setze im vierten Rennen den Mindesteinsatz von 100 Yen (knapp einen Franken) auf das Pferd mit der Nummer Neun. Der Start ist nicht so toll, aber dann gibt das Pferd Gas und liegt nach knapp 1000 Metern an der Spitze. Die 400 Yen Gewinn sind greifbar. Aber dann wird mein Rössli leider überholt. Philipp setzt beim achten Rennen, das erst nachmittags stattfinden wird auf die Nummer vier. Da in jenem Rennen die Nummer Neun Seraphin heisst, mache ich nochmals einen Versuch. Allerdings vergeblich. Meine Neun wird zweitletzter, auch die Vier geht leer aus. Anschliessend spazieren wir zum nahe gelegenen Schrein und trinken sehr guten Kaffee gleich nebenan. Danach geht es heimwärts, Fotos bearbeiten, Mails beantworten, Tagebuch schreiben. Zum Dessert hat Miho Baumkuchen besorgt. Der Name erklärt sich durch das Aussehen von selbst. Wieso dieses süsse Gebäck einen deutschen Namen trägt, jedoch nicht. Viele Bäckereien haben Produkte, die französisch oder deutsch anmuten im Angebot. Sie verkaufen auch Brote (meist Toastbrot oder Baguette), allerdings sind diese für das Sortiment nicht ansatzweise repräsentativ. Es gibt primär Desserts – Gebäck in vielen Formen und Geschmacksrichtungen. Das meiste ist gefüllt mit irgendwas: Käse, Vanillecreme oder mit dem süssen Bohnenmus. Letzteres entspricht nicht so ganz meinen Vorlieben. Die Bäckerei gleich nebenan hat seit kurzem eine besondere Zahlmethode. Wie üblich nimmt man sich sein Gebäck mit einer Zange selbst und legt es auf sein Tablett. Hier ist dieses jedoch lichtdurchlässig und wird beim Bezahlen gescannt. Der Rechner erkennt wohl die Form und berechnet Stückzahl und Preis. Dann wird jedes Gebäck einzeln in eine Plastiktüte verpackt (sie mögen Plastiktüten in diesem Land – da ist schon fast wie im Orient) und überprüft, ob die Maschine alles richtiggemacht hat. Bares wird in den Automaten eingeworfen (die Maschine kann nur Cash verarbeiten), abschliessend spuckt die Maschine das Rückgeld aus und die Leckereien werden in einem goldenen Säckchen und einer Verbeugung überreicht – im Gegensatz zum Orient sind die Säcke hier einfach noch hübsch und zieren nicht überall die Landschaft, da man seinen Abfall wohl brav daheim oder am Bahnhof entsorgt. Es gibt in diesem Land nämlich KEINE öffentlichen Abfalleimer! Einmal haben wir unseren Abfall, den wir schon den ganzen Morgen in der Tasche rumgetragen haben in einen Starbucks-Becher gesteckt und bei Starbucks im Eimer wo es «Starbucks only» drauf hiess, entsorgt.

Fuji

In Fuchū kann man nur mit Bedacht aus dem Haus treten. Es lohnt sich, einen Blick nach links und um die Ecke zu werfen und zu prüfen, ob ein Velofahrer kommt. Hier sind die Velos meist auf dem Trottoir unterwegs, auch dort, wo es eine Markierung für die Velos auf der Strasse gäbe. Meist ist aber ihr legitimer Platz auf dem Gehsteig. In wenigen Fällen ist das farblich markiert. Zum Glück sind die meisten nicht sonderlich schnell unterwegs. Heute stehen weder Tempel noch Kirschblüten auf dem Programm, sondern der Fuji. Wir haben den regelmässig konisch geformten Vulkan zwar schon vom Zug aus gesehen. Aber im Shinkansen zieht die Landschaft halt recht schnell vorbei. Zu dritt machen wir uns in Fuchū auf den Weg. In Matsumoto treffen wir auf Eiichi, der uns mit dem Auto schöne Aussichtspunkte zeigt. Einige Wochen früher wäre das Wetter wahrscheinlich gäbiger gewesen. Alles in der Ferne verschwindet im Dunst und der Gipfel des Fuji versteckt sich hinter einer Wolke. Wie auch bei uns sind am Wochenende bei gutem Wetter die Töff-Fahrer (Raser) auf den Strassen anzutreffen. Vielerorts darf man nur 40 fahren, manchmal 50. Die Geschwindigkeit wird in grosser Bemalung auf der Strasse angegeben (in arabischen Ziffern). Auch für Buchseiten und allgemein Nummerierungen werden die arabischen Zahlen verwendet. An die Geschwindigkeitsbegrenzung hält sich ausserorts offensichtlich niemand. Es ist auch nicht ganz nachvollziehbar, weshalb auf einer Strasse im Wald nur 40 gefahren werden darf. Vielleicht wegen der Kurven. Das hält aber niemanden davon ab mit doppelt überhöhter Geschwindigkeit unterwegs zu sein. Schliesslich gelangen wir nach Hakone. Von da aus fahren Schiffli und Pedalos über den See und eine Seilbahn auf den 1438 m hohen Mt. Hakone. Unterhalb von Hakone, in Amazake Chaya spazieren wir auf einem Weg aus der Edo-Zeit nach Hakone-Yumoto. Dort besteigen wir wieder das Zügli und fahren heim. Ein feines Znacht gibt es in einem indischen Restaurant in Fuchū.

Hoch hinaus!

Wie auch schon gestern wäre das heutige Programm vor einigen Wochen wohl noch beeindruckender gewesen. Wir erklimmen den aktuell zweithöchsten Turm der Welt: den Tokyo Skytree. Die Warteschlange ist kurz. Innerhalb von 50 Sekunden geht es im ersten Lift 350 m rauf, wo man eine herrliche Rundumsicht hat. Die Stadtzentren Ueno, Shinjuku und Shinagawa sind mit ihren Hochhäusern gut zu erkennen. Der 100 km entfernte Fuji verbirgt sich jedoch im Dunst. Wir wollen auch auf die höhere Aussichtsplattform, bezahlen nochmals etwas und fahren mit dem Lift weitere 100 m in die Höhe. Der beworbene Glasboden ist etwas enttäuschend, einerseits aufgrund seiner mickrigen Grösse, andererseits hat es wenige Meter unterhalb nochmals eine Glas-Stahl Konstruktion. Auch Philipp kann drüber laufen. Die Aussicht auf der unteren Plattform durch die grossen Scheiben hat mir am besten gefallen (die zweite Aussichtsplattform könnte man sich auch sparen). Neben den Hochhausvierteln sind die Park- und Tempelanlagen gut zu erkennen und Friedhöfe, die meist zwischen Häusern eingepfercht sind. Auch die mit Netzen umspannten Baseballfelder sind im Hausgewimmel gut auszumachen. Nach einer Glace fahren wir nach Akihabara, wo wir vor über einer Woche die letzten freien Plätze in einem Eulekaffee gebucht haben.

 

Das Akiba Fukurou sticht bei den Bewertungsprotalen aus der grösseren Menge der Eulenkaffees in Toyko durch seine guten Bewertungen hervor. Wir hoffen, dass es dort den Eulen besser ergeht als den Krokodilen in Beppu und sind gespannt, was uns erwartet. Bevor wir eintreten dürfen, erhalten wir eine dicke Broschüre mit do’s and dont’s. Flüsternd werden wir begrüsst, überreichen die 2000 Yen/Personen, ziehen die Jacke aus und legen unsere Taschen ab. Es ist still drinnen. Einige Eulen sitzen mit geschlossenen Augen auf ihren Stangen, andere blicken umher. Alle zwölf Anwesenden erhalten eine Einweisung auf Englisch: mit den Tieren kuscheln ist verboten, laut sprechen und hastige Bewegungen ebenfalls, mit einem Finger von vorne kommend an der Stirn berühren ist erlaubt. Bei den Tieren, die eine Ruhepause haben, nicht. Fotografieren mit Abstand ist ebenfalls möglich. Im kleinen Raum sitzen auf drei verschiedenen Höhen 35 (!) Tiere. Als erstes nähere ich mich einem kleinen Kautz, er schliesst die Augen als ich komme und dreht seinen Kopf weg. Also lasse ich ihn in Ruhe. Kurz darauf werde ich gefragt, welches Tier ich auf den Arm nehmen möchte. Ich entscheide mich für eine West-Kreischeule aus Nord- und Zentralamerika, die daneben sitzt und mich ruhig anblickt. Vorsichtig streckt die junge Frau ihre Hand hin, die Eule klettert umgehend darauf, wird von ihrem Stängeli losgemacht und mir auf den Arm gesetzt, ich bekomme die Schnur in die Hand. Danach beginnt der kleine Okra mit seiner Federnpflege. Damit ist er die nächsten 20 Minuten beschäftigt und ignoriert mich komplett. Also bestaune ich den Malayen-Uhu aus Südostasien, der wenig später einbeinig auf Philipps Hand sitzt. Der Uhu schaut neugierig umher und macht ab und an fast schon so was wie zwitschernde Geräusche. Okra lässt sich nicht beirren und putzt sich seelenruhig weiter. Da ich extra meine Kamera mit Portraitobjektiv dabei habe, will ich die verbleibenden 15 Minuten auch nutzen und bitte die Dame meine Eule wird abzusetzen. Sie findet es wohl bequem auf meinem Arm, denn statt auf den Finger der Dame zu springen, klettert sie auf meine Schulter. Sie wird aber wieder auf ihrem Platz abgesetzt. Ich knipse einige Bilder und möchte noch eine Schneeeule halten. Ich entscheide mich für eine Schleiereule, die bereitwillig auf meinen Arm kommt. Die Aussicht scheint ihr aber nicht sonderlich zu gefallen, sie klettert von dort erst auf meine Schulter und hüpft dann auf meinen Kopf. Die Stunde verging wie im Flug. Uns ist nicht klar, ob die Tiere einen Rückzugsort haben oder ihr Leben wirklich in diesem Zimmer fristen müssen, wo alles künstlich ist. Kein Grün, kein Ast, kein natürliches Licht. Ich kann mir zwar nicht vorstellen, dass wenn der letzte Gast aus der Tür ist, die Angestellten wie in Nara mit dem Staubsauger um die Tiere düsen. Die Tiere werden respektvoll und umsichtig behandelt. In Freiheit wären sie besser aufgehoben, das ist keine Frage. Nur kennen diese die Tiere halt gar nicht. Die Eulen sind so aufgewachsen. Ein solcher Ort schafft den Raum für eine Begegnung, die uns sonst kaum je möglich wäre. Ausser man zieht einen Jungvogel auf – Bubu lässt grüssen. Es bleibt die Hoffnung, dass dieser Ort die Besucher sensibilisiert und so zum Schutz der Tiere und ihrer Lebensräume beiträgt. Damit und aufgrund der Tatsache, dass wir im dicht bebauten Tokyo weilen, wäre die Haltung halbwegs zu rechtfertigen. Bei uns wäre so was absolut undenkbar und das ist auch gut so.

 

Als wir daheim sind, kommen wir schon wieder in den Genuss von Mihos Kochküsten. Es gibt feine Udon-Nudeln mit Lauch und Ei, sowie Kartoffeln mit Peperoni und dem grünen Teil des Knoblauchs. In einer weiteren Schale sind Tofu mit Lotuswurzeln und Pilzen zu finden, garniert mit geriebenem Rettich. Letzteres gibt es hier häufig auf Gerichten. Dazu gibt es ein Schälchen mit knackigem, eingelegtem aber ebenfalls nicht scharfen Rettich. Festmahl! Um halb zehn haben wir gepackt und machen uns schon auf den Weg zum Flughafen.

Noch höher hinaus

Ein Vorabend-Check-in ist bei AirChina leider nicht möglich. Wir finden im Flughafen ein ruhiges Plätzchen im zweiten OG. Es hat zwei schmale Bänke, die eine ist mit einer Schaumstoffmatte etwas gepolstert, die andere nicht. Immerhin ist dank der dekorativ aufgespannten japanischen Sonnenschirme das Licht gedimmt. Philipp ist ein Gentleman und legt sich auf seine Jacke auf den Boden und ist kurz darauf auch schon eingeschlafen. Auch beim Biwakieren hat er die Fähigkeit, sich hinzulegen und gleich einzuschlafen – egal, ob es eisig kalt oder eben steinhart ist. Ich mache es mir auf der Bank bequem und döse auch bald weg. Einige wenige Male erwache ich, gegen Morgen nervt insbesondere der Lift nebenan. Wenn dieser oben ankommt, erklingt ein ding-dong-dang. Jedes Mal! In Japan wird unglaublich Vieles (Ampel, Lift, Rolltreppe) durch akustische Signale angegeben – so gut wie nie mit dezenten wie bei uns an den Ampeln. Kurz nach fünf stehen wir wenigstens etwas erholt auf und reihen uns in die lange Schlange am Check-in ein. Das Highlight beim Abflug ist der Blick auf den Fuji. Leider werden auf dem Display erst nur Werbung und später ein Film gezeigt, so dass wir bald die Orientierung verlieren und nichts mehr verorten können. In Peking müssen wir durch die Security. Wir erwischen eine blöde Schlange und landen bei den pflichtbewussten Anfängern. Diese nehmen es sehr genau. Jedes Tablet und jede Kamera, auch meine beiden Kompaktkameras sowie die Objektive müssen ausgepackt werden. Beim Abtasten erspürt die junge Frau etwas in meiner Hosentasche. Ich muss die Hülle für meinen Pass hervorkramen, sie nimmt diese in die Hand, dreht sie um. Dann merkt sie, da ist noch was drin. Auch die restlichen zwei Papiertaschentücher muss ich zeigen und sie will diese ebenfalls kurz inspizieren. Man putzt sich in Japan in der Öffentlichkeit ja nicht die Nase, sondern erledigt das auf dem Klo und schnieft dafür ständig rum. Die Taschentücher eignen sich aber auch nicht zum Schnäuzen. Die sind wie das Toilettenpapier so dünn, dass man hindurch Zeitung lesen könnte. Im zweiten Flug krame ich die in Tokyo gekaufte Schokolade hervor. Es ist erstaunlich mit welchen Produkten man in Japan Geld verdienen kann und wahrscheinlich richtig viel: Man nehme die auch uns bekannten KitKat, umhülle das Biskuit (vielleicht) mit etwas einer qualitätsvolleren Schokolade, mische der Schokolade ein Geschmack bei (z.B. Grüntee), verpacke die Riegel hübsch einzeln (also wirklich einzeln – das ergibt bei einem normalen KitKat vier Schachteln), stecke den Riegel in eine ebenfalls hübsche Schachtel und verkaufe das zum Zehnfachen Preis. Funktioniert hier. Ich habe die speziellere Variante gekauft, wo mir der Mehrpreis gerechtfertigt erschien. Das Ruby-KitKat ist nicht nur rosa verpackt, was prima zur Kirschblütensaison passt, sondern aus einer speziellen, rosa Kakaobohne hergestellt, wie im Januar diesen Jahres unsere Medien berichteten. Nun, ich hab nur einen halben Riegel gekostet, fand aber das Geschmackserlebnis nicht so herausragend, dass ich die Schokolade wieder kaufen würde.