Andere Länder, ander Organisation

Nach der letzten Busfahrt entscheiden wir uns für den komfortableren Bus und buchen ein Ticket online. Wir erhalten eine Buchungsnummer, die wir am Busbahnhof zeigen, woraufhin uns ein Ticket ausgestellt wird. So weit, so gut! Unser Gepäck landet unten im Gepäckfach, die Sitze sind nicht ganz so nah aufeinander und man hat sogar einige Zentimeter Beinfreiheit. Um 9.30 anstatt um 9.15 Uhr geht es los. So weit, so gut! Wir fahren durch die Stadt, ohne ständig anzuhalten und neue Leute einzuladen. Es raucht niemand im klimatisierten Bus. So weit, so gut! Aus dem Fenster gibt es viele Reisfelder zu bestaunen. Heftiger Regen setzte ein. Da ist man froh, im trockenen Bus sitzen und rausschauen zu dürfen. So weit, so gut! Nach einer Stunde Fahrt halten wir an einer kleinen Bushaltestelle an. Alle werden aufgefordert aufzustehen, wir sind ratlos, erheben uns ebenfalls bis dann allerdings jemand vorne sagt, dass die Poulets sitzen bleiben können und uns gedeutet wird, uns wieder hinzusetzen. Alle anderen müssen sich in den vorderen Reihen hinsetzen, wir bleiben hinten. So weit, ganz ok! Rund 20 junge Männer laden ihr Gepäck ein und stellen sich wieder unters Dach. Wir wundern uns. Es vergeht eine Stunde. Wir beginnen uns etwas zu nerven. Erst recht als der GPS-Punkt auf meinem Handy anzeigt, dass wir nicht nach Süden gefahren sind, wo der Fährhafen ist, sondern ins Landesinnere und nun mitten auf der Insel sind. Nach gut einer Stunde steigen alle ein, es geht weiter. So weit, ok! Draussen regnet es weiterhin in Strömen. Drinnen ist es angenehm. Nach einiger Zeit schaue ich auf meinem Handy, wo wir inzwischen sind und darf feststellen, dass wir DIESELBE Strecke wieder zurückfahren. Dreieinhalb Stunden später sind wir wieder am Busbahnhof in Mataram, den wir am morgen um 9.30 Uhr verlassen haben. Der Mann, der uns das Ticket ausstellte, steigt ein und sagt, entweder müssen wir bar zahlen oder aussteigen. Ich krame die Telefonnummer von easybook.com hervor, niemand meldet sich. Der Ticketaussteller macht uns darauf aufmerksam, dass der ganze Bus nur wegen uns warte und nicht losfahre – welch Hohn nach der bisherigen Odyssee im Expressbus. Zähneknirschend bezahlen wir nochmals für die Fahrt. Der Bus fährt noch nicht los. Erst nach weiteren 15 Minuten startet der Motor. So weit, nicht mehr so gut! Ich verfasse eine empörte E-Mail an easybook.com und erhalte erstaunlicherweise rund 1.5 h später eine Antwort, wo man sich für die Umstände entschuldigt und verspricht, die Buchung rückgängig zu machen. Abends wird uns sogar ein Screenshot von der Rückbuchung geschickt. Schaue wir mal. Nach einer Stunde Fahrt – man erreicht den Fährhafen Lembar von Mataram aus also tatsächlich in einer (!) Stunde – ist der Hafen in Sicht. Der Bus hält, der Fahrer steigt aus, zündet sich eine Zigarette an. Menschen kommen rein und wollen Reis, Huhn, T-Shirts und Wasser verkaufen. Rund zehn Minuten später steigen die ersten Fahrgäste aus und frönen auch ihrer Sucht. Eine weitere Stunde Stillstand später, setz sich der Bus wieder in Bewegung, um auf dem Parkplatz vor der Fähre anzuhalten. Dasselbe Spiel von neuem. Zahlreiche Lastwagen fahren auf die Fähre, der Bus neben uns fährt auf die Fähre, wir bleiben (bei laufendem Motor) stehen. Der Fahrer und sein Gehilfe sitzen draussen, drücken auf dem Handy rum, schwatzen, rauchen und haben es lustig. Die Verkäufer drücken bei erfolgreichem Geschäften anschliessend dem Gehilfen etwas Geld in die Hand. So weit, gar nicht mehr gut! Wie man so eine kurze Reise, so unglaublich besch. organisieren kann, ist mir schleierhaft. Inzwischen ist die Fähre weg, um halb vier kommt die nächste. Wir scheinen die einzigen zu sein, die sich empören. Die anderen im Bus verbliebenen Fahrgäste blicken zwar auch regelmässig in Richtung des sitzenden, rauchenden und schwatzenden Chauffeurs, aber niemand sagt was. Alle harren still aus. Einzig einer steht auf, setzt sich auf den Sitz des Chauffeurs und hupt. Das war der grösste Gefühlsausbruch. Das brachte zwar auch nichts, aber immerhin. Irgendwann fahren auch wir auf eine Fähre und um 16.30 geht es dann endlich weiter. Man bedenke, wir rechneten damit, sechs Stunden früher auf der Fähre zu sein. Das mit der Engelsgeduld resp. mit dem Alles-Über-Sich-Ergehen-Lassen müssen wir noch üben.

 

Auf der Fähre gehen wir aufs oberste Deck, geniessen die Aussicht und die Ruhe. Vier Stunden später, der Hafen ist schon in Sicht, stoppen plötzlich die Maschinen. Es qualmt nicht mehr dunkel aus dem Kamin, die grosse Fähre gleitet noch etwas weiter, dann wieder Stillstand. Unglaublich! Dies scheint sich zu unserem schlimmsten Reisetag bisher zu entwickeln. Es dauert eine Weile, dann gibt es eine Durchsage. Woraufhin ich mich bei den rund 20 Jünglingen, die ebenfalls auf dem Deck sitzen, erkundige, ob jemand englisch spricht und was denn gesagt wurde. Einer konnte etwas Englisch. Ich interpretierte, dass er mir erklären wollte, dass wir abgeschleppt werden. Ich erkundige mich noch, was denn das Problem sei – daraufhin schauen mich alle ganz erschrocken an und mehrere meinen «no problem, Miss, no problem». Tatsächlich scheint das Problem kleiner als befürchtet. Irgendwann beginnt es wieder aus den beiden Kaminen zu qualmen und wir hötterlen in Richtung Hafen, zwar langsamer als zuvor aber immerhin geht es vorwärts. Wieder im Bus sitzend, kommt der einzig englischsprechende Fahrgast zu uns und erkundigt sich, ob alles ok ist. Philipp bejaht und fragt, was zuvor denn das Problem war. Beim P-Wort wieder ein erschrockener Blick, «no problem, there was no problem». Was das Problem mit problem ist, ist uns schleierhaft. Offenbar spricht man hier nicht über Probleme und lässt alles über sich ergehen.

 

Die Reise dauerte mehr doppelte so lange wie erwartet/angekündigt. Um 23 Uhr kommen wir schliesslich im geschichtsträchtigen Inna Bali Heritage Hotel an – schade, dass wir diesen Ort nicht länger geniessen können.