Ausschlafen – oder wenigstens den Versuch dazu machen wir. Das klappt nach regelmässigem Aufstehen um vier Uhr nur so mässig gut. Nach einer Nacht in einem richtigen Bett gibt es richtiges Frühstück auf der Terrasse direkt am Fluss mit Eier, Brot, Aprikosen und Chriesi-Konfitüre sowie Tee. Danach wollen wir endlich den Grenzfluss sehen, entlang dessen wir uns die folgenden Tage bewegen werden. Ein kurzer Spaziergang führt uns an den Panj, ein reissender, brauner Strom, der uns von Afghanistan trennt. Wir schauen staunend auf die andere Flussseite. Die letzten Tage waren intensiv und vergingen wie im Flug, so dass es sich – obwohl geplant und erwartet – nun doch surreal anfühlt, Afghanistan vor der Nase zu haben. Dort, wo die Geschichten von Khaled Hosseini spielen. Das Land mit den türkisblauen Band e-Amir Seen und den UNESCO Welterbe-Stätten Bamiyan und Dscham. Baktrien, woher die Chlorit-Statuetten stammen. In einigen Tagen werden wir die Berge des Hindukusch erblicken können. Ich freue mich sehr, die folgenden zwei Wochen diesem Grenzflusses zu folgen. Im Ort gibt es eine Brücke, wir sehen den Zugang nicht und letztlich trennt uns auch ein fehlendes Visum von einem Spaziergang über die Brücke. Wir setzen den Stadtrundgang in Richtung Stadtzentrum fort, um einzukaufen und endlich eine SIM-Karte zu besorgen. Wie schon die letzten Tage grüssen auch hier die Leute überaus freundlich, vielleicht etwas weniger häufig mit einem Zunicken und der Hand auf dem Herz als auf dem Land. Aber hier sind auch zahlreiche Touristen anzutreffen. Philipp kauft sich ein Bier im schicken Supermarkt, der mehr Angestellte hat als Kunden. Sogar Wein aus dem Elsass gäbe es zu kaufen. Internet gibt es zwar im Homestay, macht aber keine grosse Freude, da mir dafür die Engelsgeduld fehlt. Es kommt kaum eine Verbindung zustande. Dafür treffen wir andere Reisende. Ein Rumäne, der mit dem Rad von Thailand aus nach Hause fährt und Boris, ein bosnischer Zahnarzt, der dieselbe Route auf dem Programm hat wie wir. Allerdings hat sein sauberes Rad verraten, dass er mit dem Auto direkt aus Duschanbe nach Qali'ai Khumb gereist ist. Da die Karre aber ständig zu heiss hatte, war dies eine zehnstündige «Fahrt» bestehend aus 600 m fahren, halten, Kühlwasser nachfüllen, warten, zwei km fahren, warten und das in gefühlter Endlosschlaufe. Da hatten wir es trotz der ruppigen Strassen und dem steten Auf und Ab definitiv besser!